Mein iPhone 7 Plus hat während unserer Italienreise wieder ordentlich Fotos geschossen. Dabei habe ich sowohl Apples eigene Kamera-App verwendet als auch die kostenpflichtige Zusatzapp Procamera in der aktuellen Version 10.3.
Meine 16:9 USA Fotos mit dem iPhone 6 hatte ich vor längerer Zeit schon einmal vorgestellt. Dieser Artikel hat viele Besucher besonders interessiert. Es scheint also ein Interesse daran zu geben, mit den iPhones Fotos in besserer Qualität abseits der Standard Kamera-App zu knipsen.
Procamera
In meinem iPhone 6 Artikel hatte ich noch Camera+ benutzt, seit ca. 1 Jahr bin ich aber mit Procamera unterwegs. Vor allem das User Interface (UI) gefiehl mir bei Procamera besser. Procamera gibt es für 6 Euro im App Store.
Procamera schafft den Spagat zwischen dem „nur mal schnell ein Foto machen“ Benutzer und dem Anwender mit gehobenen Anspruch perfekt. Es lässt sich so gut wie alles einstellen, was man von einer guten Kamera erwartet, sogar EXIF Metadaten wie ein Copyright lassen sich in den Fotos speichern. In der Standardeinstellung ist die Bedienung hingegen sehr intuitiv.
Die Benutzeroberfläche in Procamera auf den ersten Blick sehr übersichtlich und einfach zu handhaben. Per Touch lässt sich der Fokus manuell auf einen anderen Bereich als den Bildmittelpunkt legen. Im Automatikmodus (dazu später mehr) ist die App genauso einfach bedienbar wie die Apple Kamera-App.
[gallery_1″>Fotos lassen sich als JPEG, TIFF, TIFF mit LZW Kompression, RAW oder RAW + JPEG speichern. Gerade wer Fotos später mit Photoshop bearbeitet, wird die RAW + JPEG Option zu schätzen wissen. Für normale Fotos reicht JPEG natürlich aus. Hier lässt sich in Procamera zusätzlich die Kompressionsrate in Prozent (Qualität 70-100) festlegen.
In der Qualitätseinstellung mit 70% ist ein durchschnittliches Foto zwischen 1 und 2 Megabytes groß. Diese Kompressionsrate ist Standard bei Apple. Bei 100% sind Fotos zwischen 5 und 9 Megabytes groß.
Auf dem Apple iPhone 7 Plus hat man in Procamera die Wahl zwischen drei Hauptmodi: Tele, Dual oder Wide. Im Dual-Modus sind beide Objektive der Kamera schnell verfügbar, dafür werden viele Einstellungen wie Verschlusszeit und ISO-Empfindlichkeit automatisch gewählt und lassen sich nicht manuell verstellen. Die Belichtungskorrektur ist allerdings immer verfügbar.
Mit Procamera lassen sich neben normalen Fotos auch HDR-Fotos (kostet nach Testzeitraum 3,99 Euro zusätzlich) und Low-Light Fotos knipsen. Das Scannen von Barcodes ist ebenso möglich wie das Aufnehmen von Videos in Auflösungen bis zu 4k (2160p30). Ab 1080p abwärts ist eine Bildrate von 60 fps möglich. Es ist möglich, während der Aufnahme eines Videos nahlos zwischen den beiden Kameralinsen zu wechseln. Auch im Videomodus lassen sich auf Wunsch Tiltmeter, Audiometer und Hilfslinien in die Bedienoberfläche einblenden. Spontane Einzelfotos können im Videomodus über eine eigene Schaltfläche aufgenommen werden.
Im Tele- oder Widemodus lassen sich deutlich mehr Einstellungen manuell an die eigenen Wünsche anpassen. Ein Histogramm lässt sich ebenso wie ein Tiltmeter oder Hilfslinien auf Wunsch in die UI einblenden. Ich knipse trotzdem meist im Dual-Modus, der schöne Fotos ohne viel Fachwissen ermöglicht, denn die manuellen Anpassungen sind für das schnelle Foto im Alltag meist zu umständlich.
Procamera steuert die Verschlusszeit und ISO in 3 Modi: Im Automatik-Modus wählt die Kamera automatisch geeignete Werte aus. Im Halbautomatik-Modus (SI) können Belichtungszeit und ISO manuell gesetzt werden, allerdings muss nur einer der beiden Werte gewählt werden, der jeweils andere wird dann automatisch von der App berechnet. Im manuellen Modus lassen sich beide Werte getrennt und manuell voneinander festlegen.
Unabhängig von diesen Einstellungen verfügt die App über einen automatischen Weißabgleich. Auf Wunsch kann die Farbtemperatur aber auch manuell im Bildsucher verändert werden.
Ich fotografiere schon länger mit verschiedenen Smartphones, angefangen habe ich mit dem Samsung Galaxy S4. Im direkten Vergleich haben mir die Ergebnisse eines Samsung Galaxy S6 deutlich besser gefallen als Fotos der iPhones (6 und 6S). Mit dem iPhone 7 hat Apple deutlich aufgeholt. Da ich meine Fotos im 16:9 Format knipse, kann ich nicht die Kamera-App von Apple benutzen, die zwar Videos in 16:9 aufnimmt, Fotos aber immer noch nur im 4:3 Format (iPad ?) aufnimmt. Das selbst das iPhone mittlerweile ein 16:9 Display besitzt (von PCs, TVs und Notebooks mal abgesehen) scheint Apple nicht zu ermuntern eine 16:9 Option einzubauen. Beim Seitenverhältnis bzw. Fotoformat gibt sich Procamera sehr flexibel. Fotos lassen sich in 1:1, 3:1, 5:4, 4:3, 3:2 und 16:9 schießen.
Durch die sehr starke JPEG-Kompression lassen sich iPhone Bilder der Apple Kamera-App sowieso nur mit Qualitätsverlust auf Monitoren und TVs anzeigen, ein Umdenken seitens Apple währe hier dringend angebracht. Denn während Samsung Smartphones wie z.B. das Galaxy S7/8 mit nativen 16:9 Sensor daherkommen, muss der 16:9 Fotograf beim iPhone einen Megapixelverlust von 25% hinnehmen, da das 16:9 Format Softwareseitig aus dem 4:3 Sensor gequetscht wird. Im 4:3 Format sind Bilder mit bis zu 12 MP möglich, bei 16:9 sind 9 MP das Maximum. Der letzte Abschnitt ließt sich etwas negativ, aber keine Sorge: am Ende kommen auch aus einem iPhone schöne Fotos.
Übrigens: ob das iPhone 7 Plus wirklich über einen 4:3 Sensor verfügt ist nicht bestätigt, Softwareseitig lässt sich dieser jedenfalls für Fotos nur um 4:3 Format ansprechen.
HDR-Fotos
Die HDR-Funktion in Procamera ist so umfangreich, dass ich die 4 Euro zusätzlich, die die Funktion nach dem Testzeitraum kostet, für absolut gerechtfertigt halte. Die Aufnahme von HDR-Fotos ist mehrstufig möglich und umfasst neben einer manuellen Einstellmöglichkeit drei Automatikmodi, in denen zwischen 3 und 6 Fotos zu einem HDR-Foto zusammengefügt werden. Zusätzlich stehen mit dem AMEB-Modus asymmetrische (manuelle) Belichtungsreihen zur Verfügung.
Als HDR-Grundmodi stehen Natürlich, Leuchtend, Dramatisch, Verblasst und Schwarz-Weiß zur Verfügung. Auch im HDR-Fotomodus darf man wieder nach Belieben zwischen den beiden Kameralinsen hin- und her wechseln.
Die Dual-Kamera des iPhone 7 kurz vorgestellt
Das iPhone 7 ist das erste Smartphone von Apple, welches mit 2 Kameralinsen ausgestattet ist. Dadurch lässt sich nicht nur der von Apple beworbene Boketh-Effekt (scharfer Vordergrund vor verschwommenen Hintergrund) einfach erzeugen, das iPhone 7 verfügt durch die unterschiedliche Brennweite der beiden Linsen über einen optischen Zoom. Bisher konnten die iPhones nur digital (also mit Qualitätsverlust) zoomen.
Obwohl das nicht ganz richtig ist: da nur zwei Festbrennweiten (28 mm und 56 mm) verfügbar sind, lässt sich nur 2x optisch zoomen, 1.5x wird nach wie vor digital errechnet.
Während die normale Kameralinse mit einer Blendenzahl von ƒ/1.8 ausgestattet ist, nutzt die eine kleinere ƒ/2.8 Blende. Je größer die Blendenzahl, desto kleiner ist die Blendenöffnung und desto länger ist die Belichtungszeit. Der Hintergrund ist, dass sich die Schärfentiefe bei einer größeren Blendenzahl erhöht.
Apple iPhone 7 Plus
Weitwinkel: ƒ/1.8 Blende (28 mm Brennweite)
Teleobjektiv: ƒ/2.8 Blende (56 mm Brennweite)
Obwohl Apple die zweite Linse als Teleobjektiv verkauft, ist dieses natürlich nicht mit einem professionellen Tele vergleichbar. Für das geringe Platzangebot in einem dünnen Smartphone kann sich ein 2x optischer Zoom aber natürlich trotzdem sehen lassen.
Optischer Zoom mit der Dual-Kamera
Primär geht es mir in diesem Artikel zwar nicht um die Zoom-Funktion des iPhones, ich wollte euch aber zwei praxisnahe Bilder nicht vorenthalten. Alle vier Fotos sind mit der App Procamera unter Verwendung beider Objektive des iPhone 7 Plus entstanden.
[gallery_2″>Vergleich von 16:9 Fotos (Procamera) mit 4:3 Fotos der Apple Kamera
Zuerst muss man wirklich neidlos feststellen, dass die Fotos der Apple-Kamera trotz deutlich geringerer Dateigröße wirklich klasse aussehen. Zwar sind die Farben deutlich verfälscht und viel zu warm, dass fällt aber nur dem auf, der das Originalmotiv (oder ein Bild von Procamera) zum Vergleich da hat. Man möchte manchmal glauben, dass bei Apple die HDR-Funktion passiv immer mitläuft und sich in das Foto einmischt.
Ein gutes Beispiel ist ein Foto von einem Granatapfelbaum, welches ich auf einem Weingut in Norditalien gemacht habe. Auf den ersten Blick sieht das Foto, welches mit der Apple-Kamera geschossen wurde, fast besser und deutlich lebendiger aus als das Foto von Procamera. Während Procamera die Farben realitätsnah abbildet, rechnet Apple die Farben künstlich um. im Endeffekt ist es wie immer Geschmackssache, ich persönlich möchte meine Fotos aber möglichst nah an der Realität halten.
Es gibt aber auch Ausnahmen: Bei mittleren Lichtverhältnissen (z.B. Nachmittagssonne) etwa. Hier greift der Apple-Filter nicht so hart ein und zwischen den Fotos ist kaum ein Unterschied auszumachen:
[gallery_3″>Damit ihr euch nochmal selbst ein Bild machen könnt, habe ich 15 Motive jeweils mit der Apple-Kamera als auch mit Procamera auf meinem iPhone 7 Plus gemacht und für euch in den nachfolgenden Gallerien zusammengestellt:
[gallery_6″> [gallery_7″> [gallery_8″>Mein Fazit
Ich bin sehr zufrieden mit den Fotos die ich auf dem iPhone 7 Plus mit Procamera gemacht habe. Mich stört bei der Apple-Kamera-App die zu starke Kompression und die fehlende Möglichkeit 16:9 Fotos zu knipsen. Beides wäre per Software ganz einfach zu ändern. Natürlich bietet Procamera noch deutlich mehr Funktionen, die der Apple-App fehlen und an die ich mich mittlerweile gewöhnt habe.
Wer auf der Suche nach einem guten Foto-Smartphone ist, kann also auch bei Apple fündig werden. Ansonsten sind die Samsung-Smartphones (z.B. Galaxy S8) auch immer einen Blick wert und liefern bis dato immer noch die meiner Meinung nach besseren Fotos.
So anders können Geschmäcker sein. Ich finde die Bilder vom S7 und S8 einfach nur extrem Bunt. Natürlich ist dieses Bund aber nicht. Denn meine Augen sehen diese Farben nicht so wie sie auf dem Display sind. Dadurch finde ich die Iphone-Kameras eigentlich in fast allen belangen besser.
Zur App selber: Sie mag ein paar Einstellungen mehr haben, aber wir haben zu zweit am Artikel gesessen und die Bilder verglichen und beide fanden die Bilder der App sichtbar schlechter.
Trotzdem ein guter Artikel und ich freue mich immer auf neue Artikel von euch!
PS: Dies spiegelt übrigens nur meine Meinung nach, jeder andere, darf natürlich trotzdem seine eigene haben.
Vielen Dank für diesen sehr informativen Artikel. Mich würde interessieren, in wie weit iOS 11 und das neue Speicherformat HEIC EInfluss auf die im Artikel monierten Eigenheiten („zu starke Kompression“) der Default-Kamera-App hat, denn das neue Format soll ja bessere Qualität bei gleichzeitig reduziertem Speicherverbrauch bringen.